Staatsanwälte ermittelten „mit gebremstem Eifer“ gegen Bundeskanzler Scholz

Eineinhalb Jahre lang führte die Staatsanwaltschaft gegen Olaf Scholz halbherzig Vorermittlungen durch, doch dann kurz vor der Bundestagswahl wurden sie eingestellt, wie Recherchen des ARD-Magazins Panorama offenbaren.

IMAGO / Joerg Boethling
Wahlwerbung für Kanzlerkandiat Olaf Scholz mit aufgesprühter Kritik wegen der Cum-Ex-Affäre

Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat im Vorermittlungsverfahren gegen Olaf Scholz wegen dessen mutmaßlicher Verwicklung in den Cum-Ex-Skandal nur „mit gebremstem Eifer“ ermittelt, wie das ARD-Magazin Panorama berichtet: „Mitten im Wahlkampf prüfte sie in kleinstem Kreis Ermittlungen gegen den heutigen Kanzler wegen mutmaßlicher Verstrickung in den Cum-Ex-Skandal um die Warburg Bank. Offiziell war Scholz über das Prüfverfahren nicht informiert. Nun tauchen deutliche Briefe von seinem Rechtsanwalt auf.“

Es geht um die Frage, ob Scholz in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister Einfluss auf die Finanzbehörden nahm, um eine Steuerforderung über 47 Millionen Euro gegen die Privatbank M.M. Warburg fallen zu lassen.

„Eineinhalb Jahre lang führte die Staatsanwaltschaft unter dem Aktenzeichen 5700 Js 1/20 gegen Olaf Scholz Vorermittlungen durch – um sie dann drei Wochen vor der Bundestagswahl klammheimlich einzustellen“. Die Rechercheure von Panorama und dem Manager Magazin konnten die Akte der Staatsanwaltschaft exklusiv einsehen, in der Korrespondenzen mit dem Rechtsanwalt von Scholz, behördeninterne Vermerke sowie ein 36 Seiten umfassender Einstellungsbeschluss enthalten ist.

„Übersichtlichem Elan“, so Panorama, zeigte schon fünf Tage nach der Eröffnung des Verfahrens Ralf Anders, der Leiter der Hamburger Staatsanwaltschaft, in einer Mail an den zuständigen Oberstaatsanwalt: Er sehe keinen Anfangsverdacht.

Nach Scholz‘ Auftritt in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss versuchte dessen Anwalt mehrfach, die Staatsanwaltschaft noch vor den Bundestagswahlen zum Ende der Prüfung zu bringen. „Am 5. Juli schreibt er an die Staatsanwältin, die Vorermittlungen gegen seinen Mandanten hätten nie eingeleitet werden dürfen. Der Vorgang sei umgehend zu schließen, das Verfahren sofort einzustellen.“

Drei Wochen vor der Bundestagswahl, am 7. September, verfügt die Staatsanwältin dann die Einstellung des Verfahrens, weil es keine zureichenden Verdachtsmomente gebe. Und das, so Panorama „Ohne eigene Ermittlungen anzustellen, etwa Zeugen zu vernehmen oder die umfangreichen Unterlagen aus dem Untersuchungsausschuss beizuziehen“.

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Kommentare ( 18 )

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andrea
2 Jahre her

Die Staatsanwaltschaft wird, genau wie der Verfassungsschutz, in der Vorstellung der meisten Bürgern mit einer eher überstaatlichen, objektiven Institution verbunden. Tatsächlich sind es weisungsgebundene Behörden und als solche Teile der politischen Exekutive . Sie sind in der Behörden- und Ministerialhierarchie letztlich weisungsabhängig vom Justiz- bzw. Innenminister und wer glaubt denn ernsthaft, dass Parteifreunde unter Anklage gestellt würden? Nicht einmal die möglichen Koalitionspartner werden gerne angefasst, wegen der Krähen, die sich nicht gegenseitig die Augen aushacken. Also nicht überraschend. Passieren würde nur etwas, wenn der öffentliche Druck durch die Medien so stark werden würde, dass die Verantwortlichen Angst bekommen, selbst zu fallen. Früher ab… Mehr

lube
2 Jahre her

Das ist westliche Demokratie: weisungsgebundene Staatsanwälte und Richter, die nichts gegen regierende Politiker unternehmen.

caesar4441
2 Jahre her

Solange Olaf spurt werden die Staatsanwälte gebremst.Sollte er einen falschen Schritt tun ist Schluß mit lustig.

Richy
2 Jahre her

Ich kann mich immer nur wundern, wie hier aus Deutschland auf anderen Ländern, auch in der EU (siehe Polen, Ungarn), herumgehackt wird, weil sie nicht rechtsstaatlich und korrupt seien, keine freie Presse und Rundfunk vorhanden wären, weil sie staatsgelenkt sind. Und bei uns sind Politik und insbesondere Justiz und ÖRR so miteinander verwoben, dass wir diese Länder noch links-grün überholen. Wobei nicht nur die derzeitig an der Macht befindlichen Links-Grünen diese Praxis anwenden, sondern natürlich auch die Schwarzen genauso verstrickt sind.

Alf
2 Jahre her

Eingestellte Ermittlungen können jederzeit wieder aufgenommen werden.
Und sollten Staatsanwälte befangen sein, es gibt auch andere Staatsanwälte.
Ach so, keiner hat Rechtsmittel gegen den Einstellungsbeschluß eingelegt.
Was sagt uns das?

Harald R.
2 Jahre her

Freuen würde ich mich, wenn Ra. Strate mit seinem Vorgehen gegen das Duo Scholz/Tschentscher Erfolg hätte !

Brandenburg
2 Jahre her

Der Scholz kann nur geheim und hinter den Türen – ein Spezialdemokrat der Merkel-Sorte. Für die Beendigung der Ermittlungen reichte wohl ein kurzes Telefonat. Ein gemeinsames Essen konnte eingespart werden!

Roger W.
2 Jahre her

Was wir zwingend, in allen Politikbereichen von der Kommune bis in die Spitzen der Landes- und Bundesregierungen, haben müssen, ist die Politikerhaftung. Ohne ansehen der Person oder des innegehabten Amtes.
Zudem bedarf es Staatsanwaltschaften die weisungsfrei und unabhängig wie Gerichte sind.

Christian S.
2 Jahre her

Das Hauptproblem ist das Berufspolitikertum. Solange nicht nach 8 Jahren, bzw. 2 Legislaturperioden ein automatisches Ausscheiden aus Ministeramt / Kanzleramt sowie auch Mandat mit der Untersagung andere öffentliche Ämter zu besetzen eingeführt wird ändert sich so etwas nicht mehr. Was länger dauert, siehe Kohl oder Merkel, führt nur noch in bleibende Zeiten… oder, und ja dieser Vergleich hängt etwas, in eine totale Machtverdichtung wie im Fall von Putin in die Katastrophe…

MeHere
2 Jahre her

SPD und SED, Linke, Grüne, etc. alles meinen über dem Gesetz zu stehen und untergraben eifrig und ideologisch verblendet das Rechtssystem … weiter so Genossen … Orwell lässt grüßen !